75 Jahre METALL NRW Festschrift

indem es immer wieder Lohnabschlüsse bis an die Grenzen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit akzeptieren muss, dann ist dies ein schlechter Impuls für die Akzeptanz des Flächentarifs. Die IG Metall tut gut daran, dies in all ihren tarifpolitischen Überlegungen stets zu berücksichtigen. Das gilt vor allem dann, wenn Tarifpolitik manche Betriebe zu überfordern droht. Will die IG Metall den Flächentarif zukunftsfest gestalten, dann wird sie eines immer im Blick behalten: In einem Konvoi der M+E-Hochlohnflotte dürfen die kleineren oder langsameren Schiffe nicht abgehängt werden. Sonst fällt der Geleitzug auseinander. Die Folgen für den Flächentarif wären fatal: Unternehmen verlassen die Tarifbindung oder verlagern Arbeitsplätze ins kostengünstigere Ausland. Eine solche Entwicklung wäre auch aus einem anderen Grund schädlich: Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wollten, dass Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften die Löhne und Arbeitsbedingungen in den Betrieben selbst aushandeln. Sie wollten zugleich, dass der Staat sich aus diesem Thema heraushält. Und doch mehren sich in der Praxis die Eingriffe des Staates: Die Debatten über die Einführung und Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, das Tariftreue- und Vergabegesetz sowie die häufigen Diskussionen über die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen sprechen da für sich. Diese politische Einmischung ist gefährlich, weil sie sich vor Wahlen eher an Stimmungskurven von Demoskopen orientiert, als sich an die Richtlinien der Ordnungspolitik zu halten, weil sie das Subsidiaritätsprinzip verletzt und weil sich einmal verabschiedete Gesetze nur mühsam wieder ändern lassen, während Tarifverträge stets den Praxistest bestehen müssen – und zwar auf beiden Seiten. Mehr Eingriffe durch die Politik können also nicht im Sinne der Tarifvertragsparteien sein. METALL NRW muss immer wieder an sich selbst den Anspruch stellen, als mitgliederstärkster Verband von Gesamtmetall jederzeit die bundesweite tarifpolitische Debatte mitzuprägen. Doch unser Verband versteht sich zugleich auch als politische Stimme des bedeutendsten Industriezweigs des Landes. Dieses Gewicht bringen wir aktiv ein über unsere 26 Mitgliedsverbände auf regionaler Ebene, über unternehmer nrw auf Landesebene, über Gesamtmetall und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände auf Bundesebene sowie über Ceemet und Business Europe auf europäischer Ebene. Es ist auch dieses starke Netzwerk und letztlich 7 75 Jahre METALL NRW EDITORIAL

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