75 Jahre METALL NRW Festschrift

102 75 Jahre METALL NRW AUS JOURNALISTISCHER PERSPEKTIVE Es war ein harter Cut: Als ARD-Korrespondent hatte ich in den Jahren 2015/16 von den Demonstrationen gegen den Sozialabbau in Griechenland berichtet – Märsche durch die Innenstadt, Sturm aufs Parlament und Tränengas-Einsatz inklusive. Die griechische Tarifautonomie hatten die Troika-Reformen damals schon pulverisiert. Anfang 2017 in einem Studio mit Rheinblick im Funkhaus Düsseldorf war’s gemütlicher: Ich moderierte eine Diskussion über die Folgen der Digitalisierung in der Metall- und Elektrobranche – zwischen dem Präsidenten von Metall NRW und dem Bezirksleiter der IG Metall, damals wie heute Arndt Kirchhoff und Knut Giesler. Es war ein kontroverser und fairer Diskurs über die Zukunft der Arbeitswelt. Seitdem habe ich die Streitkultur in der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie für unsere Programme beobachtet – in einem sich ständig wandelnden Umfeld. Meine erste Tarifrunde 2018 erscheint mir im Rückblick wie aus einer anderen Zeit: Die Konjunktur lief ordentlich, die Inflation war kaum spürbar, und der IG Metall ging es vor allem um die bessere Balance von Arbeit und Freizeit. Ich erinnere mich an einen Erklär-Film fürs Internet, in dem ich die Positionen in verteilten Rollen spielte: Den Arbeitgeber mit Schlips, den Gewerkschafter mit Helm. „Ja, hat sie die Gewerkschaft noch alle?“, fragt der mittelständische Unternehmer. „Blaumachen auf Kosten der Firma!“ Der Gewerkschaftsfunktionär kontert: „Die Bosse müssen endlich an die Mitarbeiter denken. Unsere Zeit gehört nicht den Firmen.“ Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mit dieser Nummer nicht in der Heute-Show gelandet bin. Wolfgang Landmesser – WDR KLEINKLEIN, ABER FEIN – TARIFAUTONOMIE IN ZEITEN DES UMBRUCHS

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